Es gestaltet sich schwierig….

Es gestaltet sich schwierig….
Ich habe sehr schnell auf sehr unangenehme Art feststellen müssen, dass die wenigsten einen Trans-Menschen so nehmen können, wie er ist.

 

 

Da Sascha nun in Deutschland wohnte, suchte er auch sofort Arbeit. Im Laufe von nur 2 Jahren schrieb er über 300 Bewerbungen. In Wien hatte er als Fahrer gearbeitet, als Chauffeur und sogar als Abteilungsleiter im Hotel.
Wir wissen ja wie das in Deutschland ist: Wenn überhaupt jemand reagiert, dann mit einer Absage. Einige luden ihn zum Vorstellungsgespräch ein. Ein kleiner Erfolg, so hofften wir. Dem war aber nicht so. Als sie Sascha sahen, war es meistens schon vorbei. Ein Mensch, der im Gesicht einen Bart trägt und eindeutig männliche Züge hat, auf dem Körper einer detinitiven Frau.
Er bekam Aussagen wie: “ Wir können Sie nicht einstellen, wir wüssten nicht, in welche Umkleide wir Sie schicken sollten“, „Nein, das sorgt für Unruhe unter den Mitarbeitern“. Sascha kam nach Hause von solchen Terminen und war frustriert und wütend. Er, der im Personalausweis das „männlich“ stehen hat, sollte sogar stellenweise in die Frauenumkleide.

 

 

Als Fahrer wäre das ja eigentlich egal gewesen. Man kann sich zu Hause umziehen. Die Chefs sahen das anders. Er wurde begafft, wie die Tiere im Zoo.
Er rutschte erneut in ein Loch. Da er schon Jahre depressiv war, tat sich da der Boden auf. Er durfte nicht arbeiten. Nutztlos für die Gesellschaft, nur weil er im falschen Körper lebt. Ich stand da und sagte ihm, dass diese Gesellschaft verbohrt ist und nur nach außen den Schein der Toleranz trägt. Ich war und bin jedoch davon überzeugt, dass er wertvoll ist. Dieses Gefühl vermittel ich ihm jeden Tag. Es sind die Kleinigkeiten, die wir Partner tun können. Gerade die sind immens wichtig.Ich behaupte nicht, dass es einfach wäre, einen Partner zu haben, der angefeindet wird. Aber es schweisst auf eine unglaubliche Art zusammen.

 

 

Diese wahnsinnige Ablehnung erleben Transgender ständig. Anfeindungen, Mobbing, offener Hass, offen Abscheu. All das erlebe ich mit ihm zusammen. Es tut weh, wie die Menschen auf ihn zugehen.

 

 

So haben wir beschlossen offen den Menschen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wir sagen klar, dass wir ein Paar sind und dass er Transgender ist. Jedem dem dass nicht passt, haben wir aus unserem Leben aussortiert.
Er hat im Alltag so viele Probleme, dass wir privat da so gar keine mehr wollen. Menschen die ihn mit einem Namen ansprechen, von einer Person, die er nicht ist wollen wir gar nicht mehr sehen.
Es lässt sich nicht immer vermeiden, dass wir erklären müssen. Oder uns in der Notwendigkeit sehen zu erklären, aber das stehe ich durch. Er ist davon schon so genervt, dass dieser Part nun der meine ist.

Jeder hat eine Geschichte… Hier ist unsere

Das Kennenlernen
Ich lernte Sascha, meinen Partner, online kennen. Das tun mittlerweile viele und es ist sicher nicht mehr ungewöhnlich. Ungewöhnlich war eine der ersten Dinge die er mir „beichtete“. Er schreib drei einfache Worte und erwartete wohl, wie immer in seinem Leben, damit auf Ablehnung zu stoßen oder zumindest auf Unverständnis und tausende Fragen. Er schrieb:“Ich bin Transgender“. Mit meiner Antwort hat er nicht gerechnet. Denn die lautete:“ ja, und….?“
Wie bekommt man einen Mann sprachlos? Man akzeptiert ohne zu Fragen, ohne zu urteilen.

 

Nach Wochen in denen wir schrieben fragte er mich dann doch einmal, ob mich das nicht genauer interessiert oder ob ich einfach nur gleichgültig wäre. Für mich stand fest, wenn er im falschen Körper ist, ist das eben so und dann muss man das ändern. Ich bin sehr frei in meinem Geist und nur wenig eingeschränkt. In der Zwischenzeit habe ich mich dann noch genauer informiert.

 

 

Er ging nie ins Voice, weil seine Stimme kieckste. Zwei Jahre insgesamt vergingen, bevor wir uns sahen. Schon in dieser Zeit lernte ich die Marotten und Eigenheiten von Sascha kennen. Er war gelegentlich sehr labil. Wie sich herausstellte, immer dann, wenn er mal wieder in seiner Heimat, unter seinen Freunden und Bekannten und vor allem in seiner Familie auf Ablehnung stiess. Das fing von blöden Fragen an wie: „Wieso willst du ein Mann sein, du bist doch so ne hübsche Frau? Vielleicht brauchst du ja nur neue Medikamente?“ und ging bis zu: „Nein mit dir will ich nichts mehr zu tun haben. Ich habe eine Schwester, keinen Bruder.“

 

 

Alles sehr verletzend. Vor allem für ihn. Ich, die bis dahin einfach nur befreundet mit ihm war, war eine der wenigen, die alles genau so akzeptierte, wie es war. Er befand sich in einer Art „Stimmbruch“. Wie es bei pubertären Jungs der Fall ist. Durch die männlichen Hormone vergrößert sich der Kehlkopf und so kommt dies zu Stande. Als Online-Dj der er ebenso war wie ich, machte er keine Ansagen. Er fürchtete sich vor dem Spott der Leute, wenn seine Stimme kippte.

 

Durch seine Launen stritten wir die erste Zeit sehr oft. Er war wankelmütig und voller Misstrauen. Da er in der realen Welt immer mehr und mehr angefeindet wurde, traute er auch online keinem mehr. Sein Misstrauen verletzte mich oft. Er hinterfragte alles, was ich von mir gab. Er war verletztend in seinem Misstrauen. Er wurde verbal aggressiv, wenn er dachte, ich würde nicht verstehen. Aber er war nie ausfallend in seiner Wortwahl. Ich denke heute, meine Akzeptanz kam bei ihm wie Desinteresse an.
Hinter all seinem negativen Verhalten sah ich jedoch einen zu tiefst erschütterten und verletzten Menschen. Einer, der mürbe war vom vielen kämpfen.
Und so entstand unsere Freundschaft…

 

 

Zwei Jahre nach unserer ersten Onlinebegegnung kam er dann zu mir nach Deutschland. Ich war von Kiel in die Pfalz gezogen und er lebte in Wien. Er besuchte mich und wir verstanden uns auf in der Realität super. Einige Monate später zog er bei mir ein, und wir wurden ein Paar. Meine Tochter hatte auch absolut kein Problem damit, dass Sascha zwar vom Gesicht her aussah, wie ein Mann, aber der Rest des Körpers nicht dazu passte. Sie war damals schon 16 Jahre alt und wurde von mir ebenso frei erzogen, wie ich es mir angeeignet hatte. Wir zwei waren wohl die einzigen seiner Familie, Freunden und Bekannten, die nie ein Problem damit hatten, wie ich im Laufe der nun folgenden Jahre feststellen musste.

 

Mühevoll suchten wir Ärzte, die den Hormonspiegel kontrollieren konnten, die sich mit seinen Krankheiten auskannten. Vor allem wurde die Suche nach einem Frauenarzt sehr schwierig. Er benötigte ja die Hormonblocker. Ein Gelbkörperhormon sorgt dafür, dass FzM keine Periode mehr bekommen.
Er wurde oft abgewiesen, in der Annahme, ein Mann bei einem Frauenarzt wäre nicht gern gesehen und würde für Unruhe sorgen. Das wurde Sascha auch am Telefon gesagt. Dies ist eines der Dinge, die ihn deprimieren. Ich bin jedoch ein hartnäckiger Mensch und so fanden wir eine nette Frau, die sich mit dem Thema so gar nicht auskannte, jedoch Sascha untersuchte und ihm dieses Geldkörperhormon verordnete. Die anderen Medikamente mussten vom Hausarzt verordnet werden. Dazu gehört auch das Testosterongel, dass Sascha für die männlichen Hormone benötigt. Ich nahm ihn mit zu meiner Hausärztin und sie hörte sich an, was er zu sagen hatte. Natürlich bekam er sein Medikament.
Sascha fand es merkwürdig, dass man in Deutschland so leicht an Medikamente kommt, im Vergleich zu Wien.
So startete unser gemeinsames Leben.